Donnerstag, 22. August 2019

Von zu vielen Gedanken & singenden Autos

Abflug und Verkehr


Nun bin ich schon fast eine ganze Woche hier in Ecuador und es ist schon unglaublich viel passiert, aber ich fange einmal ganz von vorne an:
Alles fing letzten Donnerstag um 5 Uhr morgens an, als mich meine Eltern zum Flughafen gefahren haben. Beim Koffer aufgeben, gab es dann schon das erste Problem: Mein Koffer war 2,5 kg zu schwer, obwohl unsere Kofferwaage zuhause viel weniger angezeigt hatte. Aber alles handeln war vergebens. Also musste der Koffer mitten am Flughafen aufgemacht werden und schwere Sachen wie Sonnencreme, Aftersun Lotion, Duschgel und Shampoo mussten doch zu Hause bleiben und ein paar Klamotten wanderten in meinen Rucksack. Nun konnte es aber endlich losgehen! Nach der Verabschiedung von meinen Eltern ging es dann voll bepackt durch die Sicherheitskontrolle und schließlich zum Gate. Kurze Zeit später landete ich in Paris und dort begann dann das große Suchen. Es war zwar alles ausgeschildert, aber der Flughafen ist sehr groß und auf meinem Boarding pass standen zwei verschiedene Terminals. Nach einer Stunde und mit ein paar mal nachfragen, kam ich dann aber mit einer weiteren Freiwilligen schließlich am richtigen Gate zum Weiterflug nach Quito an. Dort hatten wir dann einige Stunden Zeit, bis das Boarding losging. Als wir aber kurz vor dem Einchecken immer noch zu zweit waren, fingen wir langsam an uns Sorgen zu machen. 15min nach Boarding-Beginn waren wir immerhin schon zu dritt und irgendwie schafften wir es dann alle auch noch rechtzeitig in unseren Flieger. Dann hatten wir 12 Stunden Flug vor uns. Am Anfang gab es gefühlt ständig Essen, die restliche Zeit verbrachte ich mit Lesen, Schlafen (bzw. versuchen zu schlafen) und nachdenken. Ich meine ich werde jetzt ein Jahr lang in Ecuador leben. Da kommen einem viele Gedanken in den Kopf. Vorher hatte ich viel organisatorisches geregelt und darauf geachtet beim Packen nichts zu vergessen, aber plötzlich ging es wirklich los. Der Tag war plötzlich so schnell gekommen und erst im Flugzeug habe ich realisiert, dass es jetzt losgeht. Damit kam natürlich auch die Angst. Was ist, wenn ich trotz meiner schon vorhandenen Spanischkenntnisse niemanden verstehe? Was ist, wenn ich mit der Arbeit nicht zurecht komme, oder das WG Leben nichts für mich ist? Ich mache mir gerne viel zu viele Sorgen, aber bei einem Jahr ist das glaube ich auch, zumindest etwas, verständlich. Doch plötzlich wurde mir bewusst, was für eine Ehre es für mich ist, diesen Freiwilligendienst antreten zu dürfen und das zu tun, was ich schon immer tun wollte. Und ganz ehrlich - was kann schon schiefgehen, was habe ich zu verlieren? Ich habe mir nach dem Abiturstress ein Jahr Zeit genommen um zu leben, um neue Erkenntnisse zu machen, mein Spanisch zu verbessern, eine andere Kultur kennen zulernen und mich sozial zu engagieren. Ich bin mir durchaus bewusst, dass nicht jeder die Möglichkeit dazu hat. Also warum nicht einfach mal leben, meine Energie wieder volltanken und mir keine Sorgen machen. Ich meine was soll schon passieren? Aus Fehlern lernt man und diese Möglichkeit werde ich in meinem Leben wahrscheinlich nie wieder bekommen. Mit diesem Gedanken konnte ich dann doch irgendwann einschlafen - wenn auch nicht für lange Zeit.


Eine Sache, die mir direkt am Anfang besonders ins Auge gestochen ist, ist der Verkehr hier. Als wir vom Flughafen mit einem großen Taxi zur WG in Quito gefahren sind, wurden unsere Koffer einfach mit einer Selbstverständlichkeit auf das Dach des Kleinbusses gelegt - ein Wunder, dass keiner runtergefallen ist bei der Fahrweise hier. Denn rote Ampeln werden komplett überbewertet und die Hupe wird hier schon lange nicht mehr nur als Warnsignal benutzt. Einer meiner Mitfreiwilligen hat die Verkehrslage hier ganz treffend beschrieben: "Verkehrsregeln gibt es, aber das ist mehr so eine Empfehlung". Außerdem lassen sich die meisten Autos und Taxis erst einmal bis zu einem halben Meter zurückrollen bis sie dann Gas geben, was der Hintermann nicht immer beachtet. Generell gibt es viel mehr Taxis als in Deutschland, die aber auch viel häufiger genutzt werden, was vielleicht daran liegt, dass es keine wirklichen Buspläne gibt und man, gerade wenn man neu in der Stadt ist, keine Ahnung hat wann und wo gerade der Bus abfährt, den man braucht. Bus fahren finde ich auch eine sehr interessante Erfahrung. Zuerst muss man dem Bus winken, da er sonst nicht anhält. Beim Einsteigen ist es dann meist so, dass nicht der Busfahrer, sondern eine andere Person das Geld einsammelt (in Quito meist 0,25 Dollar und in Ibarra meist 0,30 Dollar). Dadurch fährt der Bus meist schon mit offenen Türen los, wenn alle gerade eingestiegenen Personen noch im Gang stehen - und ich möchte die Fahrweise der Busfahrer ebenso nicht als sanft bezeichnen. Natürlich gibt es auch keine Anschnallgurte, also ist gut festhalten angesagt! Dies bezieht sich aber nicht auf die Reisebusse, welche durch verschiedene Provinzen fahren. Gerade genannte kann man sich schon eher wie deutsche Busse vorstellen: gepolstert und mit Anschnallgurt. Interessant ist auch, was sich in diesen Bussen alles so abspielt: Leute schminken sich oder stillen ihre Kinder im Stehen, es werden alle möglichen Früchte oder sonstiges verkauft, wieder andere versuchen mit ihrer Behinderung an Geld zu kommen oder verkleiden sich als Clowns und erzählen Witze. Des Weiteren ist es sehr auffällig, dass viele Leute auf der Straße laufen, was aber eigentlich kein Wunder ist, wenn man sich die Bürgersteige mal so anschaut. Da ist das Laufen schon fast eine Berg- und Talfahrt und sogar Stufen habe ich als Bürgersteig schon gesehen. Mein absolutes Highlight hier sind aber die Gasautos, also Autos die Gasflaschen transportieren und am Straßenrand dann verkaufen. Da in Ecuador sehr viele einen Gasherd haben, sind diese auch sehr beliebt. In der Hauptstadt Quito hört man sie ständig durch die Straßen fahren, weil sie eine sehr einprägsame Melodie ausstrahlen und somit nicht zu überhören sind. In Ibarra sind diese schon seltener und ausgerechnet dann als unsere Gasflasche leer war, meinten diese Autos auch streiken zu müssen, weil die Preise angehoben wurden. Da muss man dann erst mal kreativ werden. Und das alles habe ich nach noch nicht einmal einer Woche erlebt. Ich bin gespannt, was da noch alles auf mich zukommt :)


2 Kommentare:

  1. Auf den Straßenverkehr bin ich auch echt gespannt. Vielleicht sollte ich mir das mit dem Mietwagen bei unserem Besuch nochmal überlegen...

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